Local- und Seasonal-Food hat sich einen festen Platz in der Gastronomie gesichert. Zahlreiche Gastronomen greifen ganz oder teilweise auf Lebensmittel aus regionaler Herkunft zurück. Das ist nicht nur gut für den Planeten Erde, sondern kommt auch den Wünschen vieler Gäste entgegen. Was „Brutal Lokal“ genau bedeutet und welche Chancen und Herausforderungen sich dabei ergeben, erklärt gastro-marktplatz.de.
Gastro-Trend „Local Food“
Die globalisierte Welt hat die Menschen näher zusammengebracht – auch in Sachen Ernährung und kulinarische Vielfalt. Ob Ananas aus Thailand, Kobe-Rind aus Japan, Datteln aus Afrika: Sowohl in den Supermärkten als auch in der Gastronomie zählen aus fernen Ländern importierte Lebensmittel zum Standardangebot. Doch mittlerweile wächst als Reaktion auf diese Entwicklung eine neue Sehnsucht nach Ursprünglichkeit, Heimat und lokaler Verwurzelung.
Gäste von Gastronomie-Betrieben wünschen sich vermehrt regionale Speisen fernab der überregionalen und internationalen Massenproduktion. Das Gute: Auch hierzulande haben Wald und Flur so einiges zu bieten – und „Exotik“ findet sich durchaus ebenso vor der Haustür. Ganz nebenbei wird so die Natur geschont: Regionale und saisonale Lebensmittel verursachen aufgrund der kürzeren Transportwege und dem Verzicht auf Gewächshäuser etc. weniger klimaschädliches CO2. Ebenfalls positive Begleiterscheinungen sind Regionalentwicklung und die Förderung der heimischen Landwirtschaft und Erzeuger. Wie „regional“ genau definiert wird, ist übrigens nicht festgelegt. Im Allgemeinen versteht man darunter einen Umkreis von ca. 30 bis 100 Kilometern.
Die Food-Expertin Hanni Rützler fasst den Begriff sogar noch enger und identifiziert „Brutal Lokal“ als Food-Trend des Jahres 2022. Dabei wird der Bezugsraum für Lebensmittel auf das direkte Umfeld eingeschränkt (man spricht deshalb auch von „hyper-local Food“). Gerade in der Spitzengastronomie wagen sich inzwischen zahlreiche experimentierfreudige Köche an Lebensmittel wie Brennnessel, Hopfensprossen, Adlerfarn, Löwenzahn und andere „wilde“ Spezialitäten, die direkt vor der Haustür wachsen.
Nachhaltigkeit auf allen Ebenen
Brutal Lokal und saisonale Lebensmittel stehen in enger Verbindung zu weiteren Food-Trends, welche allesamt Nachhaltigkeit in der Ernährung (und somit auch in der Gastronomie) in den Fokus rücken. Folgende Konzepte spielen dabei unter anderem eine wichtige Rolle:
- Alte Sorten: Gelbe Bete, Pastinaken, Mairübchen, Gravensteiner Äpfel – vor Jahrhunderten zählte diesen Sorten zum landwirtschaftlichen Standard, gerieten dann aber beinahe in Vergessenheit. Inzwischen erfahren sogenannte alte Sorten eine neue Renaissance und zahlreiche Organisationen setzen sich für den Erhalt des wertvollen Saatguts ein.
- Leaf-to-Root: Obwohl oftmals alle Teile von pflanzlichen Lebensmitteln gegessen werden können, landeten „Second Cuts“ wie Wurzeln, Strünke, Blätter, Schalen, Blüten bis vor Kurzem häufig im Bio-Müll – dabei schmecken sie, richtig zubereitet, unheimlich lecker. Der Leaf-to-Root-Trend („vom Blatt bis zur Wurzel“) steht für die Verwendung aller Pflanzenteile. Auf den Tisch kommen beispielsweise Bouillons aus Gemüseresten, gefüllte Zucchini- und ausgebackene Rhabarberblüten.
- Nose-to-Tail: Auch bei tierischen Produkten neigt man oft dazu, ausschließlich die Filetstücke zu verarbeiten. Die Nose-to-Tail-Bewegung („von der Schnauze bis zum Schwanz“) setzt sich für eine ganzheitliche Verwendung von Fleisch und Fisch ein. Herauskommen außergewöhnliche Speisen wie Kutteln, Carpaccio von der Rinderzunge oder Leberknödel.
Chancen und Herausforderungen der regionalen Küche
Mittlerweile entscheiden sich viele Gastronomen aus eigener Überzeugung und aufgrund der Wünsche ihrer Gäste, vermehrt regionale Speisen auf den Tisch zu bringen. Die Umstellung erfordert eine durchdachte Herangehensweise, ist aber mit einem großen Potenzial verbunden. Neben den umweltbezogenen Vorteilen steht dabei vor allem ein erfolgversprechendes Storytelling im Mittelpunkt.
Für Gastronomen eröffnet sich die Chance, ihren Gästen genau zu vermitteln, wo die verwendeten Lebensmittel herkommen, wie sie erzeugt wurden und welche Produzenten dahinterstecken. Dieses Storytelling macht Speisen für Gäste emotional erlebbar und stellt eine Verbindung zu den beteiligten Akteuren her – man spricht deshalb auch häufig von „Meet Food“. Und nichts ist überzeugender, vertrauenswürdiger und authentischer als „echte“ Menschen, ihre Geschichten und das Leben selbst. Zudem ergibt sich so für Gastronomen die Möglichkeit, ein enges Netzwerk zu den örtlichen Produzenten, Herstellern und Lieferanten aufzubauen – eine Verbindung, aus der alle Seiten viele Vorteile ziehen können.
Gastronomen, die die Devise „Brutal Lokal“ zu 100 % durchziehen möchten, werden allerdings schnell vor Herausforderungen gestellt. Während Fleisch, Fisch, Obst, Gemüse und Kräuter häufig problemlos als regionale Produkte verfügbar sind, sieht das bei Lebensmitteln wie Olivenöl, exotischen Früchten oder Gewürzen wie Pfeffer und Chili schon anders aus. Doch mit ein wenig Kreativität und Know-how lassen sich auch diese Hürden meistern. So können klug eingesetzte Kräuter importierte Gewürze ersetzen, und Öle aus regionaler Herkunft (etwa Rapsöl) bilden eine hervorragende Alternative zu Olivenöl. Zudem bewirken auch kleine Schritte in Summe Großes! Es reicht also vollkommen aus, mit ein paar regionalen Lebensmitteln anzufangen und die Menge ggf. nach und nach auszuweiten.
Weitere Impulse für mehr Nachhaltigkeit in der Gastronomie findest du auch im Magazin von gastro-marktplatz.de. Hier erfährst du beispielsweise, wie es Gastronomen gelingt, die Verschwendung von Lebensmitteln aktiv zu reduzieren.